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14. Juli 2020
Stephan Finke
14. Juli 2020
Stephan Finke
Farbe und Corporate Design

Ich war kürz­lich in der Pra­xis mei­nes Ortho­pä­den und kam nicht umhin dem Gespräch einer Pati­en­ten mit den Damen vom Emp­fang zu fol­gen.

Pati­en­tin: „Och, was haben Sie für schö­ne Polo-Shirts an. Tra­gen Sie die immer, oder wech­seln Sie auch mal die Far­be?
Sprech­stun­den­hil­fe: Nein, die tra­gen wir jeden Tag. Aber wir haben natür­lich meh­re­re davon.
Pati­en­tin: Ah, was ist das für eine Far­be? Sieht aus wie das Pink von der Tele­kom.
Sprech­stun­den­hil­fe: Ja, fast. Geht biss­chen mehr ins blau.
Pati­en­tin: ja, genau.

Ich war ziem­lich beein­druckt. Da unter­hal­ten sich zwei „nor­ma­le“ Men­schen über die Zusam­men­set­zung einer Unter­neh­mens­far­be. Und noch dazu lagen sie abso­lut rich­tig. Ich hät­te die Polos der Sprech­stun­den­hil­fen auf 15 bis 20 Pro­zent Cyan und 100 Pro­zent Magen­ta geschätzt. Oder eben „biss­chen mehr blau als bei der Tele­kom“. Die hat übri­gens 6{c8351047fe4964cdb0f940518e1c0e9cd794c7dee083b4f78b3af8099572b1d3} Cyan und 100{c8351047fe4964cdb0f940518e1c0e9cd794c7dee083b4f78b3af8099572b1d3} Magen­ta. Also nur einen leich­ten Blau­an­teil. Das eigent­lich Bemer­kens­wer­te ist aber, dass die Pati­en­tin nur durch den Anblick der Far­be sofort Tele­kom asso­zi­ier­te. Das zeigt wel­che Macht Far­ben haben kön­nen. Natür­lich kann man jetzt argu­men­tie­ren, dass die Tele­kom über ein enor­mes Wer­be­bud­get ver­fügt und allein durch ihre stän­di­ge Prä­senz den Men­schen bekannt sein soll­te. Ande­rer­seits gibt es genug ande­re Unter­neh­men mit ähn­li­chen Bud­gets denen das nicht gelingt. Mir fal­len spon­tan auch nur weni­ge Unter­neh­men oder Mar­ken ein, die nur durch die Far­be iden­ti­fi­ziert wer­den kön­nen. Viel­leicht noch Mil­ka mit dem typi­schen Lila oder Nivea mit ihrem Blau.



Es gibt nur weni­ge Mar­ken, die nur durch ihre Far­be iden­ti­fi­ziert wer­den kön­nen.


Selbst bei glo­ba­len Mar­ken wie Coca-Cola reicht die Far­be allei­ne nicht aus. Es braucht noch ein wei­te­res Ele­ment wie das Logo, einen Schrift­zug oder ein Bild um Coca-Cola iden­ti­fi­zie­ren zu kön­nen. Immer­hin denkt wohl jeder, der Coca-Cola hört, sofort an die Far­be Rot. Oder bei Star­bucks an Grün, oder bei Ikea eben an Gelb und Blau. Und damit ist das ers­te Ziel bei der Farb­wahl für ein Unter­neh­men auch schon erreicht. Die Mar­ke oder das Unter­neh­men wird mit einer Far­be asso­zi­iert. Und ganz wich­tig, wie­der­erkannt.


Bei Coca-Cola reicht die Far­be allei­ne noch nicht um die Mar­ke zu erken­nen. Aber bereits die gra­fi­sche Form der „dyna­mi­schen Wel­le“, oder die Form des Pro­duk­tes machen aus dem Rot das Coca-Cola-Rot. (Quel­le: Coca-Cola, Bild­mon­ta­ge: Micha­el Kempf Design)


Wie fin­det man nun die Far­be oder die Far­ben, die per­fekt zum Erschei­nungs­bild pas­sen und was ist zu beach­ten? Nach­fol­gend möch­ten wir auf eini­ge Fak­to­ren ein­ge­hen, die bei der Farb­wahl wich­tig sind.

Per­sön­li­che Vor­lie­ben
Nicht unse­re, die des Kun­den. Wenn ein Kun­de anregt, dass das Erschei­nungs­bild sei­nes Unter­neh­men in Rich­tung Oran­ge gehen soll, weil dies sei­ne Lieb­lings­far­be ist, las­sen wir das zunächst ein­mal so ste­hen. War­um auch nicht? Ein Cor­po­ra­te Design hat nicht nur Rele­vanz für die exter­ne Wahr­neh­mung son­dern auch für die inter­ne. Ein­fach gesagt, wenn dem Kun­den die Far­be sei­nes Unter­neh­mens gefällt ist das bes­ser als wenn er sich jeden Tag dar­über ärgert. Natür­lich legen wir jetzt nicht sofort los und stel­len die Farb­reg­ler auf 50 Pro­zent Rot und 100 Pro­zent Gelb son­dern wen­den uns dem nächs­ten Punkt zu.

Der Wett­be­werb
Wir schau­en uns ein­mal die Kon­kur­renz an. Wel­che Farbe(n) hat der direk­te Wett­be­werb? Wenn die zwei größ­ten Kon­kur­ren­ten eben­falls einen Oran­ge­ton ver­wen­den, kann es unter Umstän­den wenig sinn­voll sein die glei­che Far­be als Pri­mär­far­be ein­zu­set­zen. Allein für die Wie­der­erken­nung und zum Zwe­cke der Unter­schei­dung wäre eine ande­re Far­be zu bevor­zu­gen. Sich zu sehr an Mit­be­wer­bern zu ori­en­tie­ren kann übri­gens auch wett­be­werbs­recht­li­che Fol­gen haben. Wie­der das Bei­spiel Tele­kom: Hier ist die Far­be als sol­che geschützt und soll­te ein Unter­neh­men aus dem Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­be­reich eben­falls Magen­ta ver­wen­den, hät­te das mit Sicher­heit eine Abmah­nung zur Fol­ge. Ein gutes Bei­spiel für abge­steck­te „Farb­c­laims“ lie­fern übri­gens die Ban­ken in Deutsch­land. Die meis­ten Insti­tu­te haben einen eige­nen Farb­be­reich besetzt. Für die Neu­grün­dung einer Bank wäre es daher gut zu prü­fen ob weni­ger besetz­te Far­ben in Fra­ge kom­men könn­ten oder ob es sinn­vol­ler ist in die Farb­welt eines Wett­be­wer­bers „ein­zu­drin­gen“.


Die gro­ßen Insti­tu­te haben alle ihre eige­ne Farb­welt. Nimmt man noch die Con­sors­bank mit „Tür­kis“ und die ehe­ma­li­ge Dresd­ner Bank mit „Grün“ dazu sind fast alle Far­ben besetzt.


Bran­chen­be­zug
Es gibt vie­le Bran­chen in denen die Farb­wahl rela­tiv unpro­ble­ma­tisch ist. Es gibt aber Berei­che bei denen die Farb­wahl durch­aus ein­ge­schränkt ist. Dies kann kul­tu­rell oder gesell­schaft­lich begrün­det sein. Bei­spiels­wei­se ist es im Bestat­tungs­be­reich üblich auf dezen­te­re Far­ben zu set­zen. Schwarz, Sil­ber, Grau, Weiß, Lila… Ein neu­es Bestat­tungs­un­ter­neh­men mit den Far­ben Pink und Oran­ge zu grün­den wür­de zwar eine hohe Wie­der­erken­nung und Unter­scheid­bar­keit garan­tie­ren, die Akzep­tanz bei der Ziel­grup­pe wäre jedoch frag­lich. Auch im medi­zi­ni­schen Bereich, wo es um Hygie­ne geht, wären die Far­ben Weiß, Blau, Tür­kis einem scho­ko­la­di­gen Braun­ton wohl vor­zu­zie­hen.

Farb­raum
Der nächs­te Punkt ist rein prak­ti­scher Natur und ein klei­ner Aus­flug in den tech­ni­schen Bereich. Hier soll­te bei der Farb­wahl für ein Erschei­nungs­bild zumin­dest ein­mal geprüft wer­den ob die gewähl­ten Far­ben auch wie gewünscht dar­stell­bar sind. Kurz ein Bei­spiel. Unser Favo­rit ist immer noch das leuch­ten­de Oran­ge, wel­ches auf dem Moni­tor (Farb­raum RGB) oder im Inter­net (Farb­raum HEX) abso­lut toll aus­sieht. Wenn das die ein­zi­gen Anwen­dungs­ge­bie­te sind, wäre dage­gen auch nichts ein­zu­wen­den. Was aber, wenn das leuch­ten­de Oran­ge auch gedruckt wer­den soll? Bei­spiels­wei­se auf Visi­ten­kar­ten oder Bro­schü­ren? Dann stellt man fest, dass es im nor­ma­len Farb­raum für den Off­set­druck (Farb­raum CMYK) kein leuch­ten­des Oran­ge gibt bzw. gedruckt wer­den kann. Natür­lich kann man die­ses Pro­blem lösen, indem man zusätz­lich zu den vier Druck­far­ben eine wei­te­re Son­der­far­be für das Oran­ge (z. B. Farb­raum Pan­to­ne) hin­zu nimmt. Dadurch stei­gen jedoch die Druck­kos­ten. Hier soll­te man sich also im Vor­feld fra­gen, wie hoch ist mein Druck­be­darf und bin ich bereit die Mehr­kos­ten zu tra­gen?

Psy­cho­lo­gie
Als nächs­tes wen­den wir uns der Farb­psy­cho­lo­gie zu. Far­ben wer­den ver­schie­de­ne Eigen­schaf­ten zuge­schrie­ben. Die­se Eigen­schaf­ten soll­ten sich mit den Eigen­schaf­ten eines Unter­neh­men oder eine Mar­ke decken. Ein ein­fa­ches Bei­spiel: Wir sind im Ver­si­che­rungs­be­reich tätig und möch­ten uns als Unter­neh­men posi­tio­nie­ren das vor allem (welch Über­ra­schung) für Serio­si­tät und Ver­läss­lich­keit steht. Dann wäre wahr­schein­lich die Far­be Blau unse­re ers­te Wahl. Immer­hin asso­zi­ie­ren 44 Pro­zent aller Men­schen mit Blau Ver­trau­en. Das haben natür­lich auch unse­re Mit­be­wer­ber erkannt und so wun­dert es wenig, dass die Mehr­zahl der Ver­si­che­rer Blau als Pri­mär­far­be nutzt: Alli­anz, Gotha­er, R+V, Bas­ler, Euro­pa, Inter, Con­cordia, Roland, Zurich, Cos­mos usw.. Hier scheint die Unter­scheid­bar­keit vom Wett­be­werb offen­sicht­lich bei vie­len hin­ter der Far­b­ei­gen­schaft zu ste­hen. Ande­rer­seits steht blau aber nicht nur für Ver­trau­en son­dern wird auch häu­fig mit „Käl­te“, und „Fer­ne“ gleich­ge­setzt. Wenn man nun nicht nur „ver­läss­lich“ son­dern auch „kun­den­nah“ sein möch­te hat man ein Pro­blem. Man könn­te nun, wie die Tar­go Ver­si­che­rung, der Pri­mär­far­be Blau eine Sekun­där­far­be Rot zur Sei­te stel­len. Rot wird von den meis­ten Men­schen mit Lie­be, Zunei­gung und Nähe asso­zi­iert. So hät­ten wir bei­de Eigen­schaf­ten farb­lich abge­deckt. Aller­dings ist uns nach­hal­ti­ges und umwelt­be­wuss­tes Han­deln auch sehr wich­tig. Gut, ergän­zen wir unse­re Farb­pa­let­te eben noch um einen Grün­ton. Sie sehen wohin das führt. Natür­lich spricht nichts gegen ein bun­tes Erschei­nungs­bild aber man muss sich dabei im kla­ren sein dass eine Wie­der­erken­nung anhand der rei­nen Far­be (so wie bei der Tele­kom) damit schwie­ri­ger wird.
Die Farb­psy­cho­lo­gie ist ein sehr span­nen­des Feld und kann rele­van­te Erkennt­nis­se lie­fern. Hat aber bei der kon­kre­ten Anwen­dung auch ihre Gren­zen. Es lohnt sich jedoch durch­aus sich näher mit der Wir­kung von Far­ben zu beschäf­ti­gen. Hier­zu emp­feh­len wir ger­ne das Buch „Wie Far­ben wir­ken“ von Eva Hel­ler.

Ziel­grup­pe
Je genau­er sich eine Ziel­grup­pe defi­nie­ren lässt, umso wich­ti­ger wird es sie bei der Farb­wahl zu berück­sich­ti­gen. Bei­spiels­wei­se haben Män­ner und Frau­en ein unter­schied­li­ches Farb­emp­fin­den. Selbst über­zeug­te Befür­wor­ter einer geschlechts­neu­tra­len Erzie­hung wer­den wohl kaum wider­spre­chen, dass der Erfolg einer rosa­far­be­nen Heim­wer­ker­mar­ke über­schau­bar blei­ben wird. Auch das Alter spielt eine Rol­le. Ob sich Senio­ren von einem hip­pen Neon­grün eben­so ange­spro­chen füh­len wie Teens möch­te ich bezwei­feln. Kin­der wie­der­um sind wohl eher einer bun­ten Farb­welt zuge­tan als einem ele­gan­ten Schwarz. Natür­lich soll­te man hier nichts pau­scha­li­sie­ren aber die Ziel­grup­pe zu ken­nen und sie bei der Farb­wahl ein­zu­be­zie­hen ist defi­ni­tiv sinn­voll.

Fazit: Wenn man sich der Wirkung von Farbe bewusst ist, ist schon viel erreicht. Vielleicht überwiegen dann strategische Interessen über persönlichen Vorlieben. Die Entscheidung sollte jedenfalls gezielt und nicht aus dem Bauch heraus getroffen werden.

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